Suche Home Einstellungen Anmelden Hilfe  

Beschluss der Fachkommission Informatik des Akkreditierungsverbunds für Ingenieurstudiengänge (AVI) vom 10.9.1999

Akkreditierung

Im Folgenden wird ein Vorschlag für inhaltliche Vorgaben für die Akkreditierung von Informatikstudiengängen gemacht. Es wird keine Beschränkung auf B.Sc. und M.Sc. Studiengänge vorgenommen, um die Kompatibilität aller Studiengänge zu wahren. Dieser Vorschlag soll im Einvernehmen des Fakultätentages Informatik  als fachliche Kompetenz, der GI  als Vertretung der Informatik-Industrie und der ausführenden Akkreditierungsagentur die Vorgabe für  die Bewertung von Studiengängen durch Akkreditierungskommissionen sein.

Teilweise werden mehr Details aufgeführt, als für eine Vorgabe notwendig ist. Diese Details sollen deshalb als mögliche Implementierung und Richtschnur angesehen werden, um die Durchführbarkeit solcher Studiengänge zu demonstrieren.

Alle Zahlen sind als Mittelwerte zu sehen, von denen Abweichungen in vernünftigem Rahmen zulässig sind, solange  ein Studiengang in Breite und Tiefe ausgewogen ist. Es ist aber zu bedenken, daß die angestrebte Mobilität in dem Maße erschwert wird, in dem die Abweichungen wachsen.

I. Definitionen

I.1 Studiengänge

Nicht alle Studiengänge sind klassische Informatikstudiengänge im Sinne der Rahmenordnung Informatik. Bindestrich- und Brückenstudiengänge sind Beispiele. Deshalb muß unterschieden werden, in welchem Maße die Informatik verantwortlich ist. Die Verantwortung der Akkreditierungskommission für Informatik kann in fünf Stufen unterschieden werden, die sich aus den verschiedenen Anteilen der Informatik an den Studiengängen definieren lassen:
 
Definitionen von Studiengangtypen mit verschiedenen Informatikanteilen an einem konsekutiven B.Sc./M.Sc. Studiengang
  Informatik Informatik 
+ Fach X
Informatik 
/Fach X
Fach X 
+ Informatik
Fach X
Informatik
65%-75%
50%-65%
30% - 50%
15% - 30%
10% - 20%
Math., Nat.- & Ing.wissensch. Grundlagen
12%-15%
12%-20%
10%-20%
10%-20%
5%-20%
Fach x: Anwendungs- oder Nebenfach
10% - 15%
15% - 30%
30% - 50%
50% - 65%
60% - 80%
Zusatzkompetenzen
5%-10%
5%-10%
5%-10%
5% - 10%
5% - 10%
Summe
100%
100%
100%
100%
100%
  1. Informatik: Klassischer Informatikstudiengang mit Fach X als Anwendungs- oder Nebenfach
  2. Informatik + Fach X: Informatik mit speziellem, starken Anwendungsfach oder Ausrichtung auf ein spezielles Gebiet.
  3. Informatik/Fach X: Brückenstudiengang mit etwa gleichen Teilen beider Fächer.
  4. Fach X + Informatik: Fach X Studiengang mit starker Informatikkomponente.
  5. Fach X: Fach X Studiengang mit Informatik als Grundlagen- oder Nebenfach.
Die Zuordnung eines Studienganges hängt von der lokalen Intention ab und kann bei gleicher Bezeichnung an verschiedenen Orten unterschiedlich sein. Die gewünschte Zuordnung wird von der zu akkreditierenden Universität festgelegt.  Die Akkreditierungskommission stellt fest, ob die Anforderungen gemäß dieser Zuordnung erfüllt sind. Bei reinen Bachelor- Masterstudiengängen ist die obige Tabelle entsprechend anzuwenden.
 

I.2 Abschlüsse

Als Titel für Abschlüsse sollen die Bezeichnungen B.Sc. in Informatik (B.Sc. in Computer Science) und M.Sc. in Informatik (M.Sc. in Computer Science)  verwendet werden, wenn die Inhalte nicht andere Zusatzbezeichnungen erfordern. Als Zusatzbezeichnungen bei der englischen Übersetzung sind auch Informatics und Computer Science and Engineering zulässig.
 

I.3 Ziele

Neue Studiengänge  sollen eine Weiterentwicklung der Lehre in dem Fach darstellen. Die Akkreditierung soll nicht nur der Einhaltung von Mindestanforderungen dienen, sondern auch zur Qualitätsverbesserung  beitragen.

II. Mitsprache der Informatik bei der Festlegung der  Anforderungen

Bei der Festlegung der Anforderungen an die verschiedenen, oben definierten Studiengangstypen sollen die Verantwortung nach folgendem Schema aufgeteilt werden:
  1. Informatik: Alleinige Verantwortung
  2. Informatik + Fach X: Absprache mit Fach X
  3. Informatik/Fach X: Gemeinsam mit Fach X
  4. Fach X + Informatik: Mitsprache, muß gehört werden
  5. Fach X: Alleinige Verantwortung von Fach X

III. Akkreditierung

III.1 Anforderungen an die Akkreditierungskommission (Auditteam)

Personen, die die entsprechenden Fächer an Universitäten kompetent in der Lehre  vertreten, müssen die entscheidende Mehrheit in jeder Kommission bilden, die Akkreditierungen durchführt. Diese Personen sollen ein möglichst breites Fachwissen in den Kernfächern besitzen und darüber hinaus an Studienkonzepten oder Studiengängen mitgewirkt haben. Es muß sichergestellt sein, daß Vertreter der Grundlagen, der Systeme und der Anwendungen der Informatik in genügender Breite beteiligt sind (Hard- und Software). Vertreter anderer Fächer, je nach den Verteilungen in den verschiedenen Studiengangstypen, sollen angemessen vertreten sein. Weiter sollen Vertreter der Studierenden und der Wirtschaft  mitarbeiten. Die Kommissionen sollen nicht mehr als 7 Mitglieder haben. Die Kommissionen erarbeiten einen Vorschlag zur Akkreditierung, der der Akkreditierungsagentur zur Entscheidung vorgelegt wird.

III.2 Akkreditierungsverfahren

Die Akkreditierung erfolgt in zwei Stufen. In der ersten Stufe wird für eine vorläufige Akkreditierung geprüft, ob die Ordnungen den Anforderungen entsprechen und ob die Ausstattung des Standortes die Aufnahme von Studenten zuläßt. Die zweite Stufe kann erfolgen, wenn Studenten den Studiengang erfolgreich absolviert haben. In der zweiten Stufe müssen alle Anforderungen erfüllt sein.

III.3 Geltungsdauer

Eine Akkreditierung gilt maximal 6 Jahre und muß dann entsprechend der zweiten Stufe erneuert werden. Kürzere Zeiten können von den Akkreditierungskommissionen festgelegt werden, wenn es die Umstände erfordern.

IV. Studienplananforderungen an ein Informatik-Studium

IV.1 Unterteilung in Kategorien

Informatik- und andere Veranstaltungen sind in folgende Kategorien aufgeteilt, die obige Fachgruppen verfeinern. Dabei wurde von der klassischen Einteilung in Theoretische, Praktische und Technische Informatik abgewichen, weil sich die Unterschiede immer mehr verwischen. Modellierungstechniken machen zum Beispiel keinen Unterschied zwischen Soft- oder Hardware. Betriebssysteme werden mal der Technischen, mal der Praktischen Informatik zugerechnet. In allen Informatikkategorien wird deshalb Hard- und Software zusammen behandelt.

Um die geforderte Praxis der Studenten hervorzuheben, wurden alle praktischen Anteile im Studium unter Eigenständiges Arbeiten zusammengefaßt. In diesen Veranstaltungen sollen auch Zusatzqualifikationen erworben werden können. Es wird empfohlen, ein Industriepraktikum von etwa 4 Monaten vorzusehen, das von der Universität genau definiert und strikt überwacht wird.

Anstelle des Nebenfachs kann auch ein integriertes Anwendungsfach nach den Empfehlungen der GI zur Anwendungsorientierung in Diplomstudiengängen eingeführt werden.

  1. Grundlagen der Informatik:

  2. Grundlagen aus dem Gesamtbereich der Informatik (Hard- und Software einschließlich der klassischen "Theoretischen Informatik")
  3. Informatik der Systeme

  4. Informatiksysteme und deren Entwicklung
  5. Angewandte Informatik

  6. Anwendung der Informatik auf andere Gebiete
  7. Eigenständiges Arbeiten

  8. Projekte, Praktika, Examensarbeiten, Seminare
  9. Mathematische, Natur- und Ingenieurwissenschaftliche Grundlagen

  10. Vor allem Mathematik, Statistik, Physik und Elektrotechnik
  11. Anwendungsfach

  12. Veranstaltungen aus einem Fach, das die Grundlage einer Anwendung der Informatik bildet
  13. Zusatzkompetenzen

  14. Förderung der Persönlichkeitsbildung, der Kompetenzen für die Berufspraxis oder für wissenschaftliche Bereiche
Bei den verschiedenen Abschlüssen sollen diese Kategorien innerhalb von vertretbaren Toleranzen in einem sinnvollen Verhältnis zueinander durch die Prüfungsordnungen vorgeschrieben werden. Hard- und Software sollen in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Einzelne Gebiete oder Veranstaltungen können zur Pflicht gemacht werden.
 

IV.2 Typische Aufteilung in Stundenzahlen

In der folgenden Tabelle wird eine Diplom- oder Masterarbeit von 6 Monaten mit 20 SWS gerechnet und eine Bachelor- oder Studienarbeit von 3 Monaten mit 10 SWS. Die genannten Zeiten sind Aufwandszeiten.  Ausführungszeiten können das doppelte dieser Zeiten betragen, wenn neben der Examensarbeit andere Lehrveranstaltungen besucht werden. Übungstunden werden bei Vorlesungen mitgezählt. Als Gesamtstundenzahl für Master oder Diplom werden 160 Stunden plus Examensarbeiten plus Wahlveranstaltungen gerechnet. Soweit einzelne Bundesländer andere Gesamtzahlen vorschreiben, sollen die relativen Anteile sinnvoll gewahrt bleiben. Bei größeren Abweichungen muß geprüft werden, ob eine Akkreditierung erfolgen kann.

Wesentlicher als die numerische Übereinstimmung mit den genannten Stundenzahlen ist es, daß der Studienplan  ein vernünftiges Konzept aufweist, in dem ein lokales Profil  bewußt betont werden kann. Dadurch soll auch die Weiterentwicklung des Faches ermutigt werden.
 
Typische Aufteilung der Stundenzahlen in einem  Informatikstudiengang
Kategorie Anteil insgesamt Relativer Anteil Informatik SWS 
B.Sc.
SWS 
M.Sc.
SWS 
B.Sc. 
+M.Sc.
SWS
Grund- 
studium
SWS 
Haupt- 
studium
SWS 
Diplom
Grundlagen der Informatik
14%
19%
22
6
28
22
6
28
Informatik der Systeme
25%
35%
40
10
50
35
15
50
Anwendungen der Informatik
8%
11%
12
4
16
    0
16
16
Eigenständiges Arbeiten
10%
35%
15
5
20
10
10
20
Math.-nat. Grundlagen
15%
 
25
5
30
21
9
30
Anwendungsfach
8%
 
8
8*
16
0
16
16
Summe, ohne Examensarbeiten und Zusatzkompetenzen    
122
38
160
78
82
160
Examensarbeiten
15%
 
10
20
30
0
30
30
Zusatzkompetenzen
5%
 
5
5
10
2
8
10
Summe
100%
 
137
63
200
90
110
200
Davon Informatik
72%
100%
99
45
144
67
77
144
 *: Hierfür können Semesterwochenstunden aus dem Bereich Anwendungen der Informatik angerechnet werden.

V. Organisation des Studiums

  1. Die Regelstudienzeit für einen B.Sc.-Abschluß ist 6 Semester.
  2. Die Regelstudienzeit für eine auf den B.Sc. folgende Master- oder Diplomstudiengangsphase ist 3-4 Semester.
  3. Die Prüfungen für B.Sc.- und M.Sc.-Abschlüsse sollen studienbegleitend sein.
  4. Es soll ein Kreditpunktesystem realisiert werden.
  5. Pflichtvorlesungen sollen zu mindestens 50% durch Übungen ergänzt werden.
  6. Es sollte dafür Sorge getragen werden, daß Angleichungs- und Brückenkurse für Quereinsteiger und ausländische Studierende angeboten werden.

VI. Qualität der Lehre

Alle Lehrveranstaltungen müssen einem grundlagenorientierten, wissenschaftlich fundierten Studium entsprechen. Forschung und Lehre müssen sich geeignet ergänzen und aufeinander abgestimmt sein. Die Forschung soll genügend Außenwirkung zeigen.

VII. Mindestlehrangebot

  1. Alle Pflichtveranstaltungen müssen jährlich angeboten werden
  2. Für jeden Wahlpflichtbereich müssen pro Jahr mindestens zwei Auswahlmöglichkeiten angeboten werden.
  3. Je nach Zahl der Studenten müssen genügend Angebote für Gruppenübungen bei Pflichtvorlesungen mit maximal 15-20 Teilnehmern und für die Praxisveranstaltungen zur Verfügung stehen.

VIII. Personelle Ausstattung

Die minimale personelle Ausstattung ergibt sich zum einen aus den allgemeinen Strukturanforderungen und der Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit von Lehrstühlen und zum anderen aus dem Mindestlehrangebot und der Zahl der Studierenden.

Die Zahl der Professuren ergibt sich einerseits aus der minimalen Breite des Fachbereichs/der Fakultät (der Fakultätentag Informatik sieht 11 Professuren als Minimum an) und andererseits aus dem erforderlichen Mindestlehrangebot dividiert durch die Lehrverpflichtung. Dabei müssen alle Studiengänge eines Fachbereiches und exportierte Serviceveranstaltungen für andere Fächer berücksichtigt werden.

Die Zahl der Stellen für den akademischen Mittelbau orientiert  an den für wissenschaftliche Studiengänge  üblichen Zahlen. Zusätzlich  ergibt sich eine untere Schranke aus der Zahl der anzubietenden Übungen und Praxisveranstaltungen. Für Parallelveranstaltungen und  für Korrekturarbeiten sind studentische und wissenschaftliche  Hilfskräfte bereit zu stellen.

Das Standardlehrangebot ist durch Personen, die lehrbefähigt sind, zu gewährleisten. Die wissenschaftliche Qualifikation des Lehrpersonals ist nachzuweisen.

IX. Räumliche und sachliche Ausstattung

Die räumliche und sachliche Grundausstattung muß gewährleisten, daß Forschung und Lehre ordnungsgemäß und auf hohem Niveau durchgeführt werden können. Eine räumliche Trennung der Informatikbereiche untereinander und die Trennung von den Anwendungsfächern ist unbedingt zu  vermeiden.


Quelle: http://wwwagz.informatik.uni-kl.de/staff/zimmerma/FakulTagInf/AkkKomm.d/AVIBeschluss.html

Benutzer: gast • Besitzer: schwill • Zuletzt geändert am: